Magdalena Grüner


Clara Lena Langenbachs Kreaturen wuchern, sprießen, schwellen und treiben, sie bäumen sich auf und erschlaffen. Das Zusammenspiel von sichtbaren Spuren der Bearbeitung und überaus prekärem Gleichgewicht verhindert ein endgültiges Verfestigen der Form, sodass die Gebilde sich irgendwo im Spannungsfeld zwischen Organischem und Anorganischem, Belebten und Unbelebten, Menschlichem und Nicht-Menschlichem, Natur und Kultur befinden. Hätte Donna Haraway’s Cyborg eine Zimmerpflanze, sie würde wohl so aussehen.
In den skulpturalen Gebilden Clara Lena Langenbachs verdichtet sich eine intensive Beschäftigung mit Übersetzungs- und Transformationsprozessen. Erwartungen werden geweckt – die Erinnerung an eine Pflanze, an eine Tierhaut, an eine Begrenzung – nur, um in einem Kippmoment zu verharren. Was als Stacheln einer Sukkulente erkannt werden will, entpuppt sich als artifizielle Fingernägel, die abgestoßene Schlangenhaut als Latex-Abdruck eines Autoreifens. Und welche Grenze konstituiert eine mit Glassplittern versehene Mauer, die von der Decke baumelt? Die Objekte stiften Verwirrung und Irritation, wie ein glitch, der ganz unvermittelt die behagliche Illusion von Gewissheit stört.
Dabei wohnt den Objekten stets etwas Widerspenstiges inne, sie sind gefährlich und lüstern. Was bleibt, wenn wir beginnen, unsere vielbeschworenen Dualismen in Frage zu stellen? Was ist das für eine Welt, in der es keinen Unterschied mehr gibt zwischen Solidem und Porösem, zwischen Materiellem und Immateriellen zwischen Verdichten und Auflösen? Eine Welt in der sich alles durchdringt, alles schwingt und vibriert? Clara Lena Langenbach gelingt ein humorvoller Umgang mit dem drohenden Verlust einer vermeintlichen Sicherheit, die sich an das anhaltende Erbe moderner Weltvorstellungen und Glaubenssysteme knüpft. Dabei vollzieht sie mit ihren Skulpturen eine Gratwanderung, die weder trivialisiert, noch verklärt. Dem Unbehagen vor etwas Neuem, Unbekannten wird ein optimistisches Augenzwinkern entgegengesetzt, das Faszination und Neugierde über Ängste und dystopische Zukunftsvisionen stellt.